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1999 Arsen & Spitzenhäubchen

Arsen und Spitzenhäubchen

Westerwälder Zeitung, November 1999

Gäste zum Dauerschmunzeln gebracht
Gemündener Theatergruppe „fratze im kopp“ führte Kriminalgroteske um Giftmischerinnen auf

GEMÜNDEN. „Arsen und Spitzenhäubchen“ verabreichte die Gemündener Theatergruppe „fratze im kopp“. Die Premiere im Dorfgemeinschaftshaus war bis auf den letzten Platz ausgebucht. Die Kriminalgroteske von Joseph Kesselring regte das Publikum zum Dauerschmunzeln an. Nach dem „Neurosenkavalier“ im letzten Jahr konnte die Theatergruppe des Fördervereins der freiwilligen Feuerwehr Gemünden ihr zweites Stück präsentieren.
Besonders beeindruckend war gleich auf den ersten Blick das Bühnenbild, gemalt von Ingelore Schlosser (Gemünden). Kulisse und Kostüme wurden mit Liebe zum Detail zusammengestellt: Bieder, anheimelnde, gepflegt, so präsentiert sich das Heim der treusorgenden Schwestern Abby und Martha Brewster (Margit Kessler und Andrea Görg).
Kaum rühmt Pfarrer Harper (Gerfried Scheuermann) die Tugend der beiden älteren Schwestern in ausgiebiger Weise, kommt deren Neffe Mortimer (Dietmar Wolf) auch schon hinter die Leichen im Keller ... Im letzten Moment kann ein weiteres Opfer (Horst Wolf) aus den Händen der wohlmeinenden Giftmischerinnen entrinnen. Nun, recht bedacht, ist die Familie Brewster im Ganzen nie ganz astrein gewesen. Während Mortimers Bruder Teddy Brewster (Andreas Kessler) einfach ein bisschen irre ist – dabei aber ohne jeden arg – gibt der fast vergessene Bruder Jonathan (Arno Eckstein) ein weitaus schlechteres Bild ab. Gemeinsam mit seinem Kumpel Dr. Einstein (Thilo Wengenroth) gibt er Mortimers Idyll den Rest. Seine Welt steht Kopf.
Schein und Sein driften auseinander und die Normalität wird zur Farce. Das Leben zeigt sich dem Theaterkritiker schlechter als ein primitives Theaterstück. Mortimer beschließt, dem Morden ein Ende zu setzen, wobei ihm seine Verlobte Ellen (Yvonne Wolf) hinderlich ist. Bei dem Vorhaben sind die Polizeibeamten (Denis Wolf, Michael Kreuz, Peter Kiehl und Fred Kessler) nicht sehr hilfreich, denn ihnen entgeht konsequent jegliches Verbrechen. Die Kriminalgroteske ist keine Kalauer-Sammlung, eher besticht das Stück durch die Botschaft zwischen den Zeilen, was nicht heißt, dass es nichts zu lachen gäbe. Ironie, etwas schwarzer Humor, aber auch laute Töne – durch Teddy´s Trompete beispielsweise – sind ebenfalls vorhanden. Erfrischend wirkt Dietmar Wolfs unbefangenes Spiel.